Drei ertragreiche Arbeitstage liegen hinter uns (vlnr: Lioba Kumpf, Dozentin, Dr. Annette Pfordt, Gustav Wehner, Peet Gaumann, Ruth Franken, Dr Juhl Jörgensen, Christian Riede, Eberhard Köhler, René Borresch). Foto: Pfordt

Change Management – digital, analog oder hybrid?

Drei ertragreiche Arbeitstage liegen hinter uns (vlnr: Lioba Kumpf, Dozentin, Dr. Annette Pfordt, Gustav Wehner, Peet Gaumann, Ruth Franken, Dr Juhl Jörgensen, Christian Riede, Eberhard Köhler, René Borresch). Foto: Pfordt

RÜCKBLICK

Change bedeutet Veränderung und diese ist infolge der Corona-Pandemie dringend erforderlich – auch für das Verbandsgeschehen im VDL. So trafen sich acht Vorstandsmitglieder aus zwei Landesverbänden in der dbb-akademie, um im diesjährigen VDL-Seminar vom 05.-07.09.2021 die Grundlagen des Change Managements kennenzulernen.

Wir begannen damit, in einem ersten Schritt den Veränderungsbedarf zu konkretisieren, wobei wir das Thema Digitalisierung zunächst hintanstellen wollten. Und standen dann im Seminarraum vor einem riesigen Bildschirm. Dieser „Weframe“ ist im XXL-Format Touchscreen, Bildschirm und Computer in einem und kann alles, was eine Pinwand kann und noch viel mehr. Aber dazu muss man auch wissen, wie man damit umgeht. Wie gut, dass wir Digital Natives unter uns hatten!

Digitalisierung in XXL-Format – der Weframe ist ein tolles Instrument! (Foto: Jörgensen)

Inhaltlich hatten wir schnell fixiert, dass der wichtigste Auslöser für Veränderungsbedarf die stagnierenden Mitgliederzahlen sind, die nicht erst seit dem Beginn der Corona-Pandemie Sorgen bereiten. Zu den vielschichtigen Ursachen gehören fundamentale Veränderungen in den Rahmenbedingungen der Arbeitswelt, aber auch große Unterschiede zwischen den Generationen, die im VDL vereint sind. Eine Kernfrage ist damit, welche Ansprüche diese unterschiedlichen Zielgruppen an den Berufsverband stellen und welche Veränderungen in der Verbandsarbeit wir dafür auf den Weg bringen müssen.

Dazu bekamen wir erst einmal von unserer Dozentin Lioba Kumpf eine Einführung in die Grundlagen des Change Managements. Der erste Blick galt den Rahmenbedingungen, die unter dem Schlagwort „VUKA-Welt“ daherkommen:

  • Volatilität: Was gestern noch richtig war, kann schon morgen vollkommen überholt sein.
  • Ungewissheit: Die Zukunft ist ungewiss und wenig planbar.
  • Komplexität: Die schiere Menge an Informationen und mehr noch die systemischen Zusammenhänge überfordern den Einzelnen zunehmend. Einfache Lösungen gibt es nicht.
  • Ambiguität: alles ist mehrdeutig, es gibt keine absoluten Wahrheiten

Ein Festhalten an überkommenen Einstellungen und Organisationsmustern bietet in der VUKA-Welt wenig Aussicht auf langfristiges Überleben als Institution Berufsverband. „Schema F“ hat sich überholt und auch ein Plan B reicht nicht mehr, es braucht auch noch C und D. Damit ist Change schon per se unausweichlich und wir landen bei der Frage, wie Change zu managen ist. Ein Standardmodell des Change Managements ist das House of Change des schwedischen Psychologen Claes F. Janssen, mit dem Veränderungsprozesse strukturiert beschrieben werden. Es besteht aus vier Haupträumen mit ein paar architektonischen Besonderheiten.

  1. Im Raum der Zufriedenheit herrscht der Status quo, die Mehrheit wähnt sich in der Komfortzone und chillt auf dem Sonnenbalkon. Nur wenige Bewohner erkennen, dass sich Veränderungsdruck aufbaut, sie schlagen Alarm.
  2. Im Raum der Ablehnung ist die Verärgerung über die Vertreibung aus dem Paradies groß. Die Notwendigkeit wird nicht gesehen, einige gehen aus diesem Raum nicht vorwärts, sondern direkt in das Verweigerungsverlies. Aber langsam wächst die Einsicht in das Unvermeidliche.
  3. Im Raum der Verwirrung ist zunächst nicht klar, wo es lang geht und wie die anstehende Veränderung umzusetzen ist. Kollegen mit Schockstarre-Symptomen sammeln sich im Paralyseloch. Andere versuchen es mit dem Fluchttunnel, der führt aber nirgendwo hin.
  4. Schließlich haben sich die Einsichtigen und die Willigen sortiert und fangen an, die Veränderung zu organisieren. Hat die Umsetzung funktioniert, finden sich die Belegschaft im Raum der Erneuerung wieder, der sich im Laufe der Zeit wieder in einen Raum der Zufriedenheit weiterentwickelt. Bis die nächste Veränderung ansteht . . .

Wenn die Veränderung gelingen soll, müssen die Betroffenen zu Beteiligten gemacht und auf dem Weg mitgenommen werden. Wie das funktioniert, probierten wir in zwei Arbeitsgruppen an praktischen Beispielen aus dem VDL-Alltag aus. Mit der Auswertung der Ergebnisse erstellten wir gleichzeitig einen exemplarischen Fahrplan für die Organisation von Veränderungsprozessen, der sich wie folgt darstellt:

  1. Raum der Zufriedenheit: Herausforderung benennen, Veränderungsvorschlag ausarbeiten, Mitstreiter und Multiplikatoren suchen, Kommunikationswege festlegen und Vorteile aufzeigen
  2. Raum der Ablehnung: Emotionen, Ängste, Vorbehalte ernst nehmen, Historie berücksichtigen, das Alte nicht über Bord werfen, sondern würdigen und wertschätzen,
  3. Raum der Verwirrung: Rahmenbedingungen schaffen, Hilfestellung anbieten, Raum zum Ausprobieren geben, Feedback einholen, Sicherheit vermitteln
  4. Raum der Erneuerung: Veränderungen und Erfolge sichern, Erreichtes feiern, sich belohnen, Freiräume schaffen

Übersetzt auf unseren Berufsverband bedeutet das, dass die ganze Organisation sich selbst auf den Prüfstand stellen muss. Die Erwartungen der Mitglieder und die Möglichkeiten des Ehrenamts müssen den Mittelpunkt der Organisationsentwicklung bilden. Dabei ist transparente Kommunikation und ein wertschätzender Umgang miteinander von zentraler Bedeutung. Der erste Schritt ist mit diesem Seminar getan, die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst.

Ruth Franken

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert