3. Grüne Runde 2024 des VDL-Landesverband NRW bei Reterra in Erfstadt
Biomüll – Wohin geht die Reise?
Für den VDL- Landesverband NRW ging es am 15.11.2024 zur Vergärungs- und Kompostierungsanlage der Reterra GmbH in Erftstadt. Reterra ist eine Tochtergesellschaft der Remondis Gruppe und deutschlandweit ein führendes Unternehmen im Bereich der Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Das Unternehmen verarbeitet jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen Abfall und setzt dabei auf innovative Verfahren zur Verwertung von Abfällen, um aus den kohlen- und nährstoffreichen Ressourcen hochwertige Produkte wie Dünger, Anbausubstrate oder Bioenergie in Form von Strom und Wärme zu produzieren.
Einführung und Unternehmensphilosophie
Die Exkursion begann mit einer Einführung in die Geschichte und Philosophie der Reterra GmbH. Seit der Gründung im Jahr 1970 hat sich das Unternehmen auf die Sammlung und Verarbeitung von Biomüll und anderen organischen Abfällen wie Landschaftsflegematerial und Grünschnitt spezialisiert. Der Schwerpunkt liegt auf der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, in der Abfälle nicht nur entsorgt, sondern als wertvolle Rohstoffe wiederverwertet werden.
Im Jahr 2023 verarbeitet das Unternehmen rund 183.000 Tonnen Biomüll pro Jahr und setzt dabei auf eine Kombination aus Vergärungs- und Kompostierungsprozessen, abhängig von der Art und Beschaffenheit des angelieferten Abfalls. Ziel ist es, möglichst alle Materialien zu recyceln und die Abfälle für den landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Einsatz sowie für die Energiegewinnung nutzbar zu machen. Ein zentrales Anliegen der Reterra GmbH ist es, Abfälle nicht nur zu entsorgen, sondern sie als wertvolle Rohstoffe zu erkennen und in den Kreislauf zurückzuführen.
Besichtigung der Betriebsstätten
Im Rahmen der Führung wurden verschiedene Betriebsbereiche der Reterra GmbH vorgestellt, darunter die Kompostierungs- und Biogasanlage mit betriebenem Blockheizkraftwerk (BHKW). Zunächst warf die Gruppe einen Blick in die Anlieferung und Lagerung des biogenen Abfalls, der aus dem ganzen Rhein-Erft-Kreis anschließend je nach Art und Beschaffenheit in zwei Stoffstrompfade aufgeteilt wurde:
Vergärungsanlage
Die Vergärungsanlage von Reterra hat eine Kapazität von 35.000 Tonnen pro Jahr und nutzt den biologischen Abbau von organischen Abfällen in einem geschlossenen System, um Biogas zu erzeugen, das zur Energiegewinnung in einem BHKW verwendet wird. Mit einem Gasspeicher kann das BHKW je nach Strombedarf und -preisen gefüttert und zielgerichtet und flexibel Strom ins Netz einspeisen. Unter anaeroben kontrollierten Bedingungen beträgt die Verweildauer des Abfalls in der Vergärungsanlage etwa 21 Tage.
Kompostierungsanlage
Anschließend führte uns die Tour in die Kompostierungsanlage, woder andere Teil des biologischen Abfalls verarbeitet wird. In dieser Anlage wird der Abfall für einen Zeitraum von 21 Tagen unter aeroben Bedingungen zersetzt. Die Hygienisierung des Materials erfolgt bei einer Temperatur von 60°C, was sicherstellt, dass alle schädlichen Krankheitserreger und Keimsaaten abgetötet werden. Das Endprodukt ist hochwertiger Kompost, der als Dünger in der Landwirtschaft oder Anbausubstrat im Gartenbau eingesetzt werden kann. Ein großes Highlight am Ende war die Besichtigung und Begehung des Biofilters, wo auf einer dicken biologischem Mulchschicht mit Zufuhr von Wasser die Abgase aus der Kompostierungsanlage abgefangen wurden.
Eine besonders überraschende Erkenntnis war, dass von dem Gebrauch von biologisch abbaubaren Biotüten, die im Supermarkt erhältlich sind und regelmäßig von Verbrauchern genutzt wird, stark abzuraten ist, da diese eine längere Abbauzeit als 21 Tagen besitzen und es daher zu beträchtlichen Mehraufwand und Schäden für Abfallverwertungsanlagen führt.
Verwertung und Vermarktung des Komposts
Ein wichtiger Aspekt der Besichtigung war die Vermarktung des Komposts, der hauptsächlich an landwirtschaftliche Betriebe in einem Umkreis von 30 bis 40 km rund um das Werk geliefert wird. Die Landwirtschaft nutzt den Kompost als Bodenverbesserer, wobei der Kompost als nicht direkt regulierter Dünger klassifiziert ist, sodass er auch über die Düngsperrfrist hinaus ausgebracht werden darf. Ebenfalls gehen Teile des Kompost an Erdwerke, wo dieser zu Anbausubstraten für den Gartenbau beigemischt wird.
Nachhaltigkeit und Visionen
Reterra setzt auf fortschrittliche Verfahren, um die Ressourcennutzung von organischen Abfällen zu maximieren. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit Landwirten eine wichtige Rolle, da diese von der hohen Qualität des Komposts profitieren. Durch fortlaufende Entwicklung in der Abfallbehandlung und -verwertung möchte das Unternehmen neue Wege finden, Ressourcen zu schonen und den CO2-Ausstoß zu vermeiden bzw. CO2 zukünftig als nutzbare Ressource in anderen Industriesektor zu verwenden (Stichwort Carbon Capture Utilization), um neue Märkte zu erschließen. Dafür wäre die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan und die damit verbundene Abscheidung von reinem biogenen CO2 ein denkbares Szenario.
Schlussfolgerung und Ausblick
Die Führung bei der Reterra GmbH verdeutlichte eindrucksvoll, wie moderne Abfall- und Kreislaufwirtschaft sowie Landwirtschaft miteinander verbunden werden können. Das Unternehmen zeigt, wie durch nachhaltige Verfahren Abfälle in wertvolle Rohstoffe umgewandelt werden können, die wiederum einen positiven Einfluss auf die Umwelt und die Landwirtschaft haben. Besonders beeindruckend ist die Vielfalt an Verfahren und Produkten, die aus Abfallmaterialien gewonnen werden können, von Biogas bis hin zu hochwertigem Kompost, Dünger oder Anbausubstraten.
Die Reterra GmbH setzt mit ihren zukunftsorientierten Technologien und Prozessen Maßstäbe in der Abfallverwertung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und Förderung der Kreislaufwirtschaft.
Bei anschließender Einkehr in einem naheliegendem Landgasthaus wurde der Exkursionstag gekrönt.
Text: Jan Kniepkamp Bildquellen: Oliver Peters, Hanna Altrogge, Jan Kniepkamp