Agrarabsolventen sind sehr zufrieden mit ihrem Studium. Doch bemängeln sie eine zu geringe Praxisnähe, eine mangelnde Vermittlung von Softskills und zu niedrige Einstiegsgehälter. So das Ergebnis der dritten Agrarabsolventenbefragung des VDL-Bundesverband, Berufsverband Agrar, Ernährung, Umwelt e. V., die am 15. Oktober 2018 in Berlin vorgestellt wurde. „Die Befragung liefert detaillierte Auskünfte zum Studienverlauf, zur Berufsvorbereitung sowie zum Berufsfeld von Agrarabsolventen. Dadurch lassen sich Maßnahmen zur Optimierung der agrarischen Hochschulausbildung identifizieren“, erläutert der VDL-Präsident Markus W. Ebel-Waldmann das Ziel der Studie. Die Befragung erfolgte anhand eines Online-Fragebogens, der von einem Team rund um Prof. Dr. Rainer Kühl vom Institut für Betriebslehre der Agrar- und Ernährungswirtschaft der Justus-Liebig-Universitätt Gießen erstellt und ausgewertet wurde. Insgesamt nahmen 553 Personen von 17 Agrarfakultäten an der Befragung teil. Im Anschluss an die Vorstellung der Studie durch Prof. Dr. Kühl wurden die Ergebnisse mit Experten aus unterschiedlichen Agrarunternehmen und der Unternehmensberatung diskutiert. Zu Gast waren Joachim Zwank, Geschäftsführer des Agrarkarriereportals AgroBrain, Anke Kühnel, HR Manager bei ADM in Hamburg, Anselm Elles, Geschäftsführer der AFC Personalberatung GmbH und Vanessa Funken, Personalreferentin bei der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG. Die Diskussion moderierte Katja Bongardt, Geschäftsführerin des VDL-Landesverband Hessen e.V.
Hohe Zufriedenheit mit dem Studium
Ihr Studium beurteilen drei Viertel der Befragten als sehr gut oder gut. Neun von zehn Befragten würden ihr Studienfach weiterempfehlen. Mit dem vermittelten Fachwissen zeigen sich die befragten Absolventen mehrheitlich zufrieden. Jedoch wünschen sich drei Viertel der Universitätsabsolventen mehr Praxisnähe und zwei Drittel mehr Gastvorträge und Lehrbeauftragte aus der Wirtschaft. Die Hälfte der befragten Universitätsabsolventen hält zudem eine stärkere Vermittlung von Softskills für notwendig. Die (Fach-)Hochschulabsolventen sehen den größten Änderungsbedarf in der Schaffung von mehr Flexibilität bei der Fächerwahl und einer häufigeren Aktualisierung der Lehrinhalte.
Direkt nach dem Studium nahmen 38 % der Befragten eine reguläre abhängige Beschäftigung auf, 10 % entschieden sich für ein Aufbaustudium (z. B. Master) und 9 % für eine Promotion. 10 % der Befragungsteilnehmer gaben an, nach dem Studium nicht erwerbstätig und auf Beschäftigungssuche gewesen zu sein.
Ein Drittel der befragten Absolventen, die ihren Berufseinstieg bereits vollzogen haben, tat dies im Bereich der agrarbezogenen Dienstleistung oder Wissenschaft. Jeder Fünfte trat seine erste Stelle in der Landwirtschaft an, etwa ein Viertel in einem der Landwirtschaft vor- oder nachgelagerten Bereich. Etwa jeder zehnte Agrarabsolvent vollzog seinen Berufseinstieg außerhalb des Agribusiness. Bei der jeweiligen Branche handelt es sich bei 71 % der Befragten um die Wunschbranche.
Refernten während der Podiumsdiskussion (Foto: VDL)
Niedrige Einstiegsgehälter sorgen für Unzufriedenheit
Bis zur Aufnahme ihrer ersten Tätigkeit haben die Befragten nach eigener Angabe zwischen 0 und 500 Bewerbungen versendet. Bei neun von zehn Befragten lag die Anzahl bei 30 oder niedriger. Jeder sechste Befragte, der bereits den Berufseinstieg vollzogen hat erhielt eine Stelle, ohne eine Bewerbung zu schreiben.
Rückblickend empfinden sieben von zehn Befragten die an der Hochschule erworbenen Kenntnisse bezogen auf die Aufgaben im Berufsleben als nützlich, die Einschätzung der übrigen 30 % offenbart jedoch Verbesserungspotenzial. Insgesamt zeigen sich die Befragten sehr zufrieden mit ihrer aktuellen beruflichen
Situation.
Ein Kriterium, das vergleichsweise häufig für Unzufriedenheit sorgt, istjedoch das Einkommen. Wie schon in den Vorgängerstudien sind die angegebenen Gehälter der Befragten relativ niedrig. Drei Viertel der Befragten erhielten zu Beginn weniger als 40.000 € brutto jährlich.
Knapp ein Drittel der Befragten (31 %) fühlte sich bei Antritt der ersten Stelle überfordert. Jeder dritte (35 %) musste Qualifikationsdefizite feststellen. Ebenso viele litten unter Stress, Termindruck und Arbeitsüberlastung. 31 % der Befragten gaben an, Probleme dabei gehabt zu haben, Beruf und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen.
Die Gäste des VDL-Fachforums 2018: Joachim Zwank, Geschäftsführer des Agrarkarriereportals AgroBrain, Anke Kühnel, HR Manager bei ADM in Hamburg, Anselm Elles, Geschäftsführer der AFC Personalberatung GmbH und Vanessa Funken, Personalreferentin bei der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG. Die Diskussion moderierte Katja Bongardt, Geschäftsführerin des VDL-Landesverband Hessen e.V. (Foto: VDL)
Gemeinsam nach Lösung suchen
VDL-Präsident Markus W. Ebel-Waldmann zeigte sich bei der Vorstellung der Studie in Berlin von den Ergebnissen beeindruckt: „Die Absolventen der agrarwissenschaftlichen Studienfächer haben sehr gute und vielfältige Möglichkeitenm auf dem Arbeitsmarkt. Zudem bewerten sie ihr Studium als sehr positiv.“
Doch die Ergebnisse der diesjährigen Absolventenbefragung zeigten auch deutliche Defizite auf. „So werden von den Studierenden eine höhere Praxisnähe sowie eine bessere Vermittlung von Softskills gefordert. Zudem ist bei der Höhe der Einstiegsgehälter noch Luft nach oben“, kommentiert Ebel-Waldmann die Studie. „Für den VDL sind diese Ergebnisse ein Ansporn dafür, zusammen mit allen Beteiligten nach Lösungen zu suchen, um das Agrar-Studium noch zukunftsfähiger aufzustellen und den Absolventen das beste Rüstzeug für den Start ins Berufsleben mit auf den Weg zu geben.“
Konkrete Hilfestellung für Arbeitgeber und Hochschulen
Die detailliert abgefragten Einschätzungen zum Änderungsbedarf im Studium sowie zu den Schwierigkeiten beim Berufseinstieg geben konkrete Hinweise zur Verbesserung der Hochschulausbildung von Agrarfachkräften. Für Arbeitgeber der Agrarbranche liefert die Studie zudem Hinweise auf Merkmale, die besonders wichtig für eine hohe Arbeitgeberattraktivität sind. Hieraus lassen sich Maßnahmen ableiten, die in dem sich verschärfenden Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte entscheidende Vorteile bieten können.
Die einhundert Seiten starke Broschüre „Bachelor und Master – Was kommt nach dem Studienabschluss? Absolventenbefragung im Agrarbereich 2018“ kann ab sofort zum Preis von 145 € beim VDL-Bundesverband e. V. bezogen werden. VDL-Mitglieder, fördernde Mitglieder und Unterstützer des VDL-Bundesverbandes e. V. sowie an der Absolventenbefragung beteiligte Universitäten und Hochschulen erhalten die Broschüre kostenlos.
Die Veranstaltung wird aus Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert.
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