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VDL-Berlin-Seminar 2012: Hinter den Kulissen der Agrarpolitik

Das diesjährige Berlin-Seminar des VDL-Bundesverbandes vom 22. bis 24. Oktober bot neben interessanten Fachvorträgen die Möglichkeit, im Gespräch mit Politikern und Referenten hinter die Kulissen der Agrarpolitik zu schauen.

Die Veranstaltung startete am Montag mit einer öffentlichen Pressekonferenz und anschließender Präsentation der Ergebnisse der Studie „Berufsfeldanalyse im Agrarbereich“.  Daran schloss sich der Parlamentarische Abend mit über 120 Gästen aus Politik und Bildung an. Am zweiten und dritten Tag boten Experten verschiedener Bundesinstitutionen der Agrar- und Ernährungswirtschaft Einblick in ihre Arbeit und die Abläufe der Politik.

Zunächst stellten verschiedene Verbände aus dem Haus der Land- und Ernährungswirtschaft aktuelle Themen aus ihrem Fachgebiet vor. Stephan Arens, Geschäftsführer der UFOP Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V., gab einen Einblick in die aktuelle Biokraftstoffpolitik. Aus Sicht der UFOP muss die von der EU-Kommission vorgeschlagene Einführung der iLUC (indirekte Landnutzungsänderung) -Faktoren verhindert werden, da sie fatale Folgen für die deutsche und europäische Biokraftstoffindustrie hätte. In der EU-Agrarpolitik würden oft Ziele definiert, so Arens, die in der Realität ackerbaulich nicht zu erreichen wären.

Einer anderen aktuellen Problematik, dem Flächenschutz, widmete sich Steffen Pingen vom Deutschen Bauernverband e.V. (DBV). Da die verfügbare Ackerfläche pro Bürger durch Versiedlung, Waldausdehnung, Versalzung, Naturschutz, Gewässerschutz und Verkehr deutlich zurückgeht, unterbreitete der DBV Vorschläge zur Erhaltung landwirtschaftlicher Nutzflächen und richtete eine Petition zur Reduzierung des Flächenverbrauchs an den Deutschen Bundestag. Mit über 210.000 Unterschriften unter den Bürgern zeigte sich die Brisanz des Themas Flächenschutz. In einem weiteren ausführlichen Vortrag über den nachhaltigen Pflanzenschutz im Gartenbau erläuterte Dr. Hans Joachim Brinkjans vom Zentralverband Gartenbau e.V. das komplizierte Ablaufverfahren der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln.
Der interessanten Vorstellung und Besichtigung des HDLE (Haus der Land- und Ernährungswirtschaft), in dem der VDL und ca. 40 weitere grüne Verbände sitzen, folgte der Besuch des Bundespresseamtes. Nach einem Überblick über die Arbeit des Bundespresseamtes konnten die Teilnehmer des Berlin-Seminars Fragen an die Referatsleiterin-Verbraucherschutz und Landwirtschaft Ines Seeger stellen. Dabei wurde vor allem darüber diskutiert, wie Meinung in der Öffentlichkeit gemacht wird und Themen in den Medien gesetzt werden. Die sehr offene Diskussion bot einen interessanten Einblick in die Pressearbeit aus agrarpolitischer Sicht.
Den Tag rundete ein Stadtrundgang durch die Berliner Innenstadt mit den wichtigsten politischen Schaltzentralen wie dem Bundestag und dem Kanzleramt ab.

Am dritten Seminartag hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, den Deutschen Raiffeisenverband e.V. am Pariser Platz zu besuchen. In seiner Präsentation „Globale Märkte in der Landwirtschaft – Was bringt die Zukunft?“  fasste Guido Seedler Megatrends des globalen Agrarmarktes zusammen. Dabei wurde deutlich, dass im Zuge des starken Bevölkerungswachstums in Asien und Afrika die Nachfrage außerhalb Europas ansteigt und auf der Angebotsseite enge Versorgungsbilanzen entstehen. Diese Tendenz würde durch rückläufige verfügbare Anbauflächen und Ernte– und Lagerverluste während des Klimawandels noch verstärkt, weshalb die Gentechnik einen neuen Stellenwert bekäme, so Seedler.

Nächste Station war das Bundeskanzleramt, wo der Referatsleiter des zuständigen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Stefan Schulz, den Fragen der Teilnehmer zur Verfügung stand. Hauptschwerpunkt der Diskussion war die Frage, wie die deutsche Landwirtschaft für die künftigen Herausforderungen aufgestellt ist. Insgesamt verzeichne, laut Schulz, die deutsche Landwirtschaft eine positive Entwicklung. Im Einzelnen gäbe es aber Kritikpunkte, z.B. in den Fragen der Tierhaltung, wo Deutschland seine Gesetze anpassen müsse. Im Anschluss an die Diskussion führte Herr Schulz die Teilnehmer durch das beeindruckende Gebäude des Bundeskanzleramtes.

Den Abschluss des dreitätigen Berlin-Seminars bildete der Besuch des Reichtags. Dort konnten Fachgespräche zu aktuellen Fragen der Agrar- und Ernährungspolitik mit den Vertretern der einzelnen Fraktionen des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages geführt werden. In einer kurzen Rede stellte zunächst der Bundestagsabgeordnete Dr. Edmund Geisen von der FDP seine persönliche berufliche Laufbahn sowie seine Arbeit im Bundestag vor.

 
Dr. Edmund Geisen
 FDP

Anschließend beantworteten Josef Rief und Dieter Stier (CDU/CSU), Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) und Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen) Fragen rund um die Arbeit des Agrarausschusses und aktuelle agrarpolitische Themen.

 Josef Rief und Dieter Stier Dr. Kirsten Tackmann
 CDU/CSU Die Linke

Die Seminarteilnehmer interessierten sich insbesondere für die Meinung der Abgeordneten zum Tierschutz und zur Gentechnik. Speziell zu Fragen der Tierhaltung wurden die unterschiedlichen Meinungen der Bundestagsabgeordneten deutlich. Während Rief und Stier die derzeitigen Tierhaltungsgesetze mit der ökonomischen Notwendigkeit begründeten, sehen Tackmann und Maisch wesentlichen Änderungsbedarf. Ziel der Grünen sei es, so Maisch, die Landwirtschaft nach und nach auf ökologischen Anbau umzustellen, wobei es natürlich unrealistisch sei, 100% -ige ökologische Landwirtschaft anzustreben.

 
 Nicole Maisch
 Bündnis 90/Die Grünen

Nach den sehr interessanten und offenen Gesprächen mit den Politikern, konnten die Teilnehmer als Ausklang noch die Reichstagskuppel besichtigen.
Insgesamt war das diesjährige Berlin-Seminar eine sehr gelungene Veranstaltung mit unerwartet offenen Einblicken in die Agrarpolitik. Alle Seminar-Teilnehmer waren sehr begeistert und bestätigten die interessanten Eindrücke. Viele von ihnen sagten, sie würden sich schon auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr freuen.

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