VDL-Bayern: Kostenentwicklung im Bäckerhandwerk muss aufgefangen werden

Foto: Dr. Wolfgang Filter

Den Online-Stammtisch am 27.02.2023 nutze die VDL-Landesgruppe Bayern, um die Auswirkungen der primär durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Preisanstiege bei landwirtschaftlichen Rohstoffen und Energie zu veranschaulichen. Landesgruppenvorsitzender Dr. Wolfgang Filter schilderte dies eindrucksvoll am Beispiel der ihm vertrauten Branche des Bäckerhandwerks.

Immer wenn Preise steigen – und das taten sie, wie der ungewöhnlich starke Anstieg der Inflationsrate zeigt, in den letzten Monaten in nahezu allen Lebensbereichen – drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob sich da nicht viele eine „goldene Nase“ verdienen. Besonders tritt diese Frage bei Gütern des täglichen Bedarfs auf, denn diese werden naturgemäß sehr häufig eingekauft, so dass deren gestiegene Preise ebenso häufig „sauer aufstoßen“. Das Bäckerhandwerk steht deshalb immer wieder im Fokus kritischer Betrachtungen. Deshalb kann ein Blick auf die Kostenstruktur sehr gut zur Versachlichung beitragen.

Am anschaulichsten ist es, wenn man auf betrieblicher Ebene der Verteilung der Einnahmen nachgeht. Von jedem Euro, der beim Kauf von Bäckereiprodukten über die Ladentheke wandert, gehen im Durchschnitt aller Betriebe allein schon ca. 45 – 50 Cent an das Personal. Diese Zahl verdeutlicht sehr eindrucksvoll, dass die Bäckerbranche im wahrsten Sinn des Wortes ein HANDwerk ist, in dem der Faktor Mensch eine bedeutende Rolle spielt.

Zweitgrößter Kostenfaktor sind mit einer Bandbreite zwischen ca. 18 bis 27 % die Rohstoffkosten. Dabei darf man nicht nur das tägliche Brot und die Semmeln allein sehen, sondern diese Zahl gilt über das gesamte Sortiment. D.h. wir müssen hier neben den Getreidepreisen auch jene für Saaten, Fette, Milch und Sahne, Zucker, Gewürze, Früchte und andere Produkte einbeziehen. Und weitere ca. 10 % der Kosten entfallen im Durchschnitt auf die Räumlichkeiten. In der Summe werden damit schon zwischen 75 und 80 Cent jedes eingenommenen Euros allein durch diese 3 Kostenfaktoren gebunden.

Zusätzlich schlagen drei Kostenstellen zu Buche, die jeweils im Bereich zwischen 3 und 3,5 % des Nettoumsatzes liegen. Das sind die Energiekosten, die Kfz-Kosten (bei weiter steigender Filialisierung ein nicht zu unterschätzender Faktor, der auch durch die höheren Spritpreise weiter im Fokus bleibt) sowie der Block „sonstige Kosten“, der sich aus Steuerberatung, Büro, Telefon, Entsorgung etc. zusammensetzt. Damit sind weitere 10 Cent des Nettoumsatzes zugeordnet, womit schon mal ca. 87 bis 90 Cent des über die Ladentheke gewanderten Euros vergeben sind.

Damit ist aber noch lange nicht Schluss. Auch die Beiträge zu Versicherungen, die Instandhaltung, Werbung, Abschreibungen, Zinsen und Gewerbesteuer müssen erwirtschaftet werden. Setzt man diese Positionen je nach Kostenart vorsichtig mit jeweils 1 bis 2 % an, so bleiben unterm Strich nur ganz wenige Prozent als Betriebsgewinn übrig. Dieses Zahlenspiel verdeutlicht, dass gerade Kleinbetriebe unter einem enormen Kostendruck stehen und ein einigermaßen akzeptables Jahreseinkommen meist nur über ein betriebliches Wachstum mit entsprechender Filialisierung erreichbar ist.

Schauen wir uns nun die Auswirkungen von Kostensteigerungen an: Vor dem Hintergrund der genannten Zahlen wird deutlich, dass der vielbeklagte Energiepreisanstieg – so ärgerlich er ist und so sehr er aufgefangen werden muss – in der Tat nicht der Kostentreiber Nummer 1 ist. Denn selbst eine Verdreifachung der Energiepreise würde den Kostenanteil von traditionell durchschnittlich etwa 3,5 % auf 10,5 % erhöhen, was einem Anstieg der Gesamtkosten um ca. 7 % bedeutet. Demgegenüber schlägt eine Preissteigerung von 60 % bei den Rohstoffkosten – und die sind in den letzten Jahren tatsächlich gemessen worden – aufgrund des höheren Anteils an den Gesamtkosten mit insgesamt ca. 13,5 % zu Buche. Damit wirken diese fast doppelt so stark wie die Energiekosten. Berücksichtigt man zudem noch die jährlichen Tarifsteigerungen und die laufenden Erhöhungen bei den anderen genannten Kostenpositionen, wird verständlich, warum die allerorts zu registrierende Erhöhung der Brot- und Semmelpreise unumgänglich war und ist, um auch zukünftig die Herstellung qualitativ hochwertige Backwaren im Bäckerhandwerk sicherzustellen.

Text: Dr. Wolfgang Filter

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert