Kosten sparen und Einkommen sichern in der Milcherzeugung – was Landmaschinenhandel und Molkerei dazu beitragen können

Im Rahmen einer ganztägigen Exkursion besuchten 32 VDLer aus Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zwei wichtige Geschäftspartner der Milchvieherzeuger im Elbe-Weser-Dreieck. Sie erkundeten, welchen Beitrag die Fricke Landmaschinen GmbH und das Deutsche Milchkontor zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage der Milcherzeuger leisten können, wenn Dürre und Marktschwankungen die Liquidität bedrohen.

Landmaschinen sind ein erheblicher Kostenfaktor im Betrieb, zumal gerade eine schlagkräftige Erntetechnik schnell mit mehreren Hunderttausend Euro zu Buche schlägt. Landmaschinen jeglicher Art sind das Geschäftsfeld der Fricke Landmaschinen GmbH in Heeslingen, die mit insgesamt 2.600 Arbeitskräften an neun Standorten zu den fünf größten Landtechnikhändlern in Deutschland gehört. Geschäftsführer Joachim Schlesselmann, der den Gebrauchtmaschinenbereich verantwortet, gab einen Überblick über das Unternehmen und die nationalen und internationalen Märkte, auf denen Fricke vertreten ist.

Ein optimales, sprich kundenorientiertes Sortiment aus Sicht des Landmaschinenhandels würde wohl in jedem Segment den Marktführer erwarten lassen – das wäre dann Claas für die Erntetechnik in der Region und Fendt bei Traktoren, um nur zwei Beispiele herauszugreifen. Das ist allerdings nicht im Sinne der Unternehmenspolitik der Hersteller, die von ihren Händlern eine klare Alleinvertretung verlangen. Heißt im Fall der Fricke Landmaschinen GmbH, dass bei Neumaschinen die Produktpalette von Claas angeboten wird, obwohl die Claas-Traktoren in der Region einen eher kleinen Marktanteil haben. Hier gab die Erntetechnik den Ausschlag für die Entscheidung, den Handel mit neuen Traktoren von Fendt dem Wettbewerb zu überlassen.

Anders liegt der Fall bei Gebrauchtmaschinen, da wird jede Marke angeboten, die Fricke ins Sortiment bekommen kann – natürlich auch der Farmer 306 von Fendt. Vor allem für Landwirte, die genau kalkulieren müssen, ist das Gebrauchtsortiment von Fricke mit bis zu tausend vorgehaltenen Maschinen sehr interessant. Aber auch Landwirte im Ausland wissen die Expertise von Fricke zu schätzen – ca. 70 % der Gebrauchtmaschinen werden exportiert. Weitere Standbeine des Unternehmens, das 1923 aus einer Dorfschmiede hervorgegangen ist, sind unter anderem die Herstellung von Geräten zur Boden- und Grünlandbearbeitung (Marke Saphir) und eine breite Palette von Komponenten und Ersatzteilen für Maschinen und Geräte aller Hersteller (Marke Granit Parts). Ein umfangreicher Servicebereich bis hin zum Erntenotdienst rundet das Angebot der Firma ab.

Beim Rundgang durch den Werkstattbereich – das gesamte Gelände hätte für einen ganzen Tag gereicht – gab es vor allem Maishäcksler mit ihren riesigen Beißwerkzeugen zu bestaunen, die hier für den anstehenden Ernteeinsatz fit gemacht wurden.

Nach dem Mittagessen ging es nach Zeven zum Deutschen Milchkontor, wo der Standortleiter des größten DMK-Werks Ulf Tabel die VDLer schon erwartete. Hier wurde diskutiert, welchen Beitrag die Bindung an den Abnehmer DMK auf der Ertragsseite zum wirtschaftlichen Erfolg der Milcherzeugung leistet. Das DMK gehört zu den größten Molkereiunternehmen in Deutschland und ist ungeachtet der Firmierung als Aktiengesellschaft fest in landwirtschaftlicher Hand. Die Erwartung, angesichts der Größe und Eigentumsverhältnisse auch einen attraktiven Milchauszahlungspreis zu erzielen, wird aktuell allerdings (noch) nicht erfüllt.

Ulf Tabel gab zum Einstieg einen Überblick über das Unternehmen: 8 Mrd. kg Milch werden jährlich von 7.000 Milcherzeugern angeliefert, davon 2,9 Mrd. kg GVO-frei. Am Standort Zeven ist der Hauptsitz des DMK mit der Verwaltung und der F&E-Abteilung angesiedelt sowie das größte der über 20 Werke, das mit 1.082 Mitarbeiter auch der größte regionale Arbeitgeber ist. Hier befindet sich die Trocknungsanlage, die täglich 150.000 kg Milch verarbeitet, außerdem werden Sauermilchprodukte, H-Milchprodukte und Kondensmilch hergestellt. 40 % der Milchmenge wird am Standort Edewecht zu Käse verarbeitet.

Mit vielen Zahlen im Kopf reichte die Zeit gerade für einen schnellen Rundgang, vorbei an der Milchanlieferung, die täglich 160 Tankwagen abfertigt, durch die Abfüllanlage für H-Milch und haltbare Milcherzeugnisse. In der Stunde können 24.000 Packungen abgefüllt werden, die überwiegend nach Asien exportiert werden. Die Lagerkapazität beträgt 50.000 Palettenstellplätze, rund 180 LKW-Abholer tummeln sich im Werksbereich, um die Produkte auf den Weg zu bringen. Positiv für den Export ist auch die Nähe zum Hamburger Hafen, der nur 76 km von Zeven entfernt ist. Milch ist ein empfindliches Produkt und die Verarbeitung enorm energieaufwendig. Der Energieverbrauch des 34 ha großen Werksgeländes in Zeven liegt in der Größenordnung einer mittleren Kleinstadt, vier eigene Brunnen gewährleisten die Wasserversorgung.

Natürlich kam auch der kürzlich erfolgte Rückruf von Milch von einem DMK-Werk in NRW zur Sprache, den Tabel als einen guten Beweis für professionelles Krisenmanagement bezeichnete. Eigenkontrollen hatten eine erhöhte Keimbelastung in einer Partie Frischmilch nachgewiesen, die nur durch ein undichtes Ventil verursacht worden sein konnte. Die Ursache war schnell gefunden und beseitigt, parallel erfolgte der Rückruf mit genauer Bezeichnung der fraglichen Etikettierung. 800.000 l Milch wurden zurückgerufen, Verbraucher brachten 600 l zum Umtausch, fünf Fälle leichter Übelkeit wurden gemeldet.

Nach dem Rundgang erlaubte Heinz Korte, Milcherzeuger und seit drei Jahren Aufsichtsratsvorsitzender des DMK, den Besuchern einen tieferen Einblick in die täglichen Herausforderungen, die die Führung eines so großen Unternehmens mit sich bringen. Er vertritt gegenüber dem hauptamtlichen Management die Interessen von ca. 6.000 Genossenschaftsmitgliedern und knapp 8.000 Mitarbeitern. Der Aufsichtsrat setzt sich aus sechs Eigentümern und sechs Mitarbeitern zusammen und verantwortete 2018 einen Gesamtumsatz von ca. 5,6 Mrd. Euro.

Die Milcherzeuger wirtschaften mit durchschnittlich 200 Kühen, ein Viertel der Betriebe arbeitet noch mit Anbindehaltung, allerdings in den meisten Fällen kombiniert mit Weidegang. Korte stellte dazu fest, dass manche Anbindehaltungen besser organisiert sind und die Kühe einen besseren Eindruck machen als in einigen Betrieben mit Boxenlaufställen. Nicht die Haltung, sondern die Fähigkeiten des Betriebsleiters seien hier die ausschlaggebenden Faktoren.

Kritisch hinterfragt wurde die Leistungsfähigkeit des DMK, deren Auszahlungspreis in den letzten Jahren im Molkereivergleich auf den hinteren Plätzen landete. Heinz Korte gab dazu offen Auskunft und berichtete, dass infolge der Milchmarktkrise der letzten Jahre und der Folgen der Dürresommer viele Lieferanten ihre Verträge gekündigt hätten; insgesamt sei ein Liefervolumen von einer Mrd. kg verloren gegangen. Das DMK habe in den letzten Jahren große Investitionen getätigt, so dass die Spielräume für einen attraktiven Auszahlungspreis nicht gegeben waren. Er rechne aber damit, dass sich die Investitionen amortisieren und die Milchlieferanten bald mit höheren Milchrpreisen rechnen könnten.

Auf die Entwicklungsperspektiven in den nächsten Jahren angesprochen, führte Korte aus, dass die in der Vergangenheit durch den Vorgänger Nordmilch verfolgte Philosophie, durch Größe Marktmacht gegenüber dem Lebensmittelhandel aufbauen zu können, sich als nicht haltbar erwiesen habe. Der Lebensmittelhandel spiele die Molkereien konsequent gegeneinander aus, was in Grenzen nur durch eine starke Markenstrategie zu kontern sei. Da seien aber die süddeutschen Molkereien und die Privatmolkereien mit einem Markenanteil von ca. 20 % stärker als das DMK, das mit seiner Kernmarke Milram nur zehn Prozent des Milchaufkommens an den Markt bringe. Der überwiegende Teil der Produkte geht in die Industrie, in Handelsmarken oder in den Export.

Anstelle der nicht erreichbaren Marktmacht soll die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Handel sowie unter den Molkereien verstärkt werden. So tauschen DMK und frischli bereits Tanklieferungen untereinander aus, um die Streckenlogistik zu optimieren und mit anderen Molkereien werden Koppelprodukte wie Molkeneiweiß zu interessanten Nischenprodukten verarbeitet.

Die Frage, ob ein Landwirt im Ehrenamt eine Chance habe, bei einem Umsatz von über 5 Mrd. Euro mit einem professionell ausgebildeten hauptamtlichen Management auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten, klang im ersten Moment frech, wurde aber von Heinz Korte ausdrücklich begrüßt. Dazu führte er aus, dass die ehrenamtlichen Aufsichtsräte regelmäßige Weiterbildung auf professionellem Niveau erhalten und durch ihre Arbeit an Erfahrung gewinnen. Unabdingbar sei ein respektvoller Umgang miteinander, aber auch Sorgfalt und Konsequenz im Rekrutierungsprozess. So sei die aktuell tätige Geschäftsführung ins Amt gekommen, mit der eine vertrauensvolle Zusammenarbeit besteht.

Das Exkursionsprogramm fand eine würdige Abrundung mit einem Begegnungsabend im Scheeßeler Hof, zu dem drei Agrarexperten aus der Region eingeladen waren. Christian Intemann, 2. Vorsitzender des Kreislandvolkverbands Rotenburg-Verden, und Thomas Christeleit, Geschäftsführer des Maschinenrings Niedersachsen Mitte, gaben kurze Statements zur Landwirtschaft, zum Maschinenring und zur ehrenamtlichen Arbeit für die Landwirtschaft und beantworteten Fragen dazu ausführlich. Der ehemalige Kreislandvolkvorsitzende Gerhard Eimer gab den jungen Menschen in der Landwirtschaft mit auf den Weg, nicht zurückzublicken und sich nicht erzählen zu lassen, früher sei alles besser gewesen. Nicht romatische Verklärung der Vergangenheit, sondern Optimismus, Mut und Realitätssinn sollten die Ratgeber für ihren Weg in die Zukunft sein.

Den Abschluss eines ereignisreichen Tages bildete schließlich mit einem großen Dankeschön die Verabschiedung von Helmut Behn, der als Regionalvertreter des Verbandes über Jahrzehnte die Region Stade betreut hat und manche interessante Exkursion – wie auch diese – organisierte. Die Teilnehmer entließen ihn mit großem Applaus aus der aktiven Vorstandsarbeit in den VDL-Ruhestand und freuen sich darauf, ihm auch zukünftig auf den VDL-Veranstaltungen zu begegnen.

Autoren: Gustav Wehner, Ruth Franken

 

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