JLU: Forschungsstall auf dem Gladbacherhof eröffnet

Foto: Claret Canelon – Eröffnung des neuen Kuhstalls am Gladbacherhof mit dem Team des LOEWE-Schwerpunkts GreenDairy

LOEWE-Schwerpunkt GreenDairy vergleicht Milchproduktion mit unterschiedlich intensiven Fütterungssystemen

Auf dem Gladbacherhof, dem ökologisch bewirtschafteten Lehr- und Versuchsbetrieb der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), ist jetzt der neue Milchviehstall eröffnet worden. „Mit dem Forschungsstall und den daran eng gekoppelten Freilandexperimenten in Acker- und Grünlandflächen ist am Gladbacherhof eine europaweit, vielleicht sogar weltweit einmalige Plattform für vergleichende, experimentelle Agrarsystemforschung geschaffen worden“, sagte der Projektleiter Prof. Andreas Gattinger, Professur für ökologischen Landbau der JLU.

Anlässlich der Eröffnung des neuen Forschungsstalles im Villmar-Aumenau traf sich erstmals das Team des in diesem Jahr gestarteten LOEWE-Schwerpunkts GreenDairy in Präsenz.
Prof. Martin Kramer, JLU-Vizepräsident für Forschung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, betonte: „Wir sind stolz, den Stall heute offiziell eröffnen zu können. An diesem Standort kann damit die Betrachtung der ökologischen Nutztierhaltung nicht nur auf der Ebene einzelner Tiere erfolgen, sondern das gesamte Ernährungssystem Tier-Pflanze-Umwelt-Gesellschaft betrachtet werden. Der Gladbacherhof wird damit sozusagen zum Reallabor mit dem neuen Forschungsstall als Herzstück.“

Das Projekt GreenDairy der Universitäten Gießen und Kassel wird vom Land Hessen im Rahmen der Landesexzellenzinitiative LOEWE für vier Jahre mit insgesamt 4,79 Millionen Euro gefördert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen in dem LOEWE-Schwerpunkt Agrarsysteme, die sowohl ökologisch und ökonomisch nachhaltig sind als auch ein hohes Maß an Tierwohl ermöglichen. Beteiligt ist dabei auch das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V. (ZALF).

In dem hochmodernen Stall, der 128 Milchkühen Platz bietet, ist Robotertechnik für das Melken, die Fütterung, die Beweidungssteuerung und die Entmistung installiert. Für das GreenDairy-Projekt wird eine Gruppe mit 64 Tieren gemäß Ökorichtlinien, also inklusive Weidegang, in einem Low-Input-Fütterungssystem vorwiegend grasbasiert und mit möglichst wenig Kraftfutter auf eine Leistung von 7.200 Kilogramm Milch pro Jahr gefüttert. Die entsprechend große Vergleichsgruppe im High-Input-System wird mit Einsatz von Maissilage auf eine Leistung von 9.000 Kilogramm Milch gefüttert. In beiden Gruppen kommt nur hofeigenes Futter zum Einsatz.

Prof. Andreas Gattinger unterstrich die Notwendigkeit, die Wertschöpfungskette Milch gesamtheitlich zu bewerten: „Es ist wichtig, neben den Tieren im Stall auch die Auswirkungen der beiden Fütterungssysteme auf das Grünland, das Ackerland und die Umwelt zu untersuchen“. So beschäftigen sich die Forschenden in insgesamt 14 Teilprojekten nicht nur mit der Milchleistung und den Erträgen auf dem Acker, sondern nehmen auch detailliert das Tierwohl und deren Gesundheit in den Blick oder bilanzieren die Emission klimarelevanter Spurengase im Stall und auf dem Acker. Die Dekanin des Fachbereiches Ökologische Agrarwissenschaften an der Universität Kassel, Prof. Maria Finckh, wies auf die enge Kooperation der beiden Universitäten hin: „Es freut uns, dass wir mit unserer Kompetenz – zum Beispiel beim Einsatz von Drohnen zur digitalen Ertrags- und Qualitätserfassung im Pflanzenbau sowie Pflanzenschutz – Teil dieses interdisziplinären Projektes sind.“

Eine ganz wesentliche Frage im Projekt ist einerseits, wie in der Landwirtschaft innovative Landnutzungssysteme in der breiten Praxis etabliert werden können, und andererseits, ob die Gesellschaft auch bereit ist, diese Innovationen mitzutragen. Um diese Fragen zu klären, kooperiert GreenDairy eng mit dem Betriebsnetzwerk der Upländer Bauernmolkerei, einer regionalen und genossenschaftlich organisierten Biomolkerei, an die auch der Gladbacherhof seit Jahren seine Milch liefert.

Der Gladbacherhof wird seit den 1980er-Jahren ökologisch bewirtschaftet nach den Richtlinien der Anbauverbände Bioland und Naturland. Er umfasst derzeit 180 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Seit dem Jahr 1990 ist der Gladbacherhof eine Lehr- und Forschungseinrichtung der JLU für ökologischen Landbau. Mit dem 2019 gegründeten Förderverein Ökolandbau soll der Gladbacherhof zudem ein Begegnungsort und ein Zentrum für regionale Aktivitäten sein.

Text: Justus-Liebig-Universität Gießen

 

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