Bundesspartensitzung Öffentlicher Dienst
Im Rahmen der VDL-Jahrestagung 2024 in Frankfurt fand am 16. Mai die jährliche Sitzung der VDL-Bundessparte Öffentlicher Dienst statt. Alle VDL-Mitglieder, die aktuell im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, sei es als Beamte oder Angestellte, waren dazu eingeladen.
Was bewegt die im öffentlichen Dienst tätigen Mitglieder, was brennt ihnen derzeit unter den Nägeln, für welche Themen sind konstruktive Lösungsansätze zu finden? Sofort fielen Schlagworte wie Einstellungspolitik im öffentlichen Dienst, Digitalisierung, Aufgabenverdichtung, unbesetzte Stellen über längere Zeit, viele Überstunden, Homeoffice, vorzeitiges Abwandern aus dem öffentlichen Dienst, überbordende Bürokratie.
Digitalisierung: Es soll tatsächlich Vorgesetzte geben, die das Verschicken von E-Mails für voranschreitende Digitalisierung halten. Wenn es jedoch darum geht, zum Beispiel einen Antrag auf Reisekostenerstattung zu stellen, dann muss dieser immer noch auf Papier ausgefüllt und eingereicht werden. Jede Behörde erstellt mit unterschiedlich hohem Aufwand eigene Formulare. Fragen, die sich hier stellen: Warum ist es nicht möglich, dass sich die Behörden gegenseitig die Formulare zur Verfügung stellen? Oder gar gleich identische Formulare für alle entwickeln? Dabei drängen sich Stichworte wie „Synergieeffekte“ bei der Erstellung von Formularen/Vordrucken und „Effizienz“ – Verschwendung von Ressourcen auf. Auch der Einsatz von KI für solche Zwecke, aber auch in anderen Bereichen von Behörden wurde hier angesprochen. Zum Beispiel könnte KI dabei helfen, wichtige Gerichtsurteile, die umzusetzen sind, auszuwerten und in kürzester Zeit zusammenzufassen.
Bürokratie: Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden sind extrem überlastet ob der Vielzahl von Vorschriften, Richtlinien, Gesetzen, Verordnungen auf EU-, Bundes- und Länderebene. Ein Abbau ist zwar derzeit immer ein beliebtes Thema, wird aber leider nicht bzw. nur wenig umgesetzt. Die Frustration in den Amtsstuben nimmt zu.
Aufgabenverdichtung: Was passiert, wenn Kolleginnen oder Kollegen in den Ruhestand gehen? Im optimalen Fall wird die Stelle rechtzeitig ausgeschrieben und wiederbesetzt, so dass bisherige und neue Stelleninhaber noch eine gewisse Zeit gemeinsam für die Weitergabe des Wissens sorgen können. Es gibt auch die Fälle, dass die Stelle zwar direkt im Anschluss wiederbesetzt wird, aber eine Weitergabe des Wissens nicht mehr stattfindet. Im schlimmsten Fall bleibt die Stelle für lange Zeit unbesetzt. Das ist derzeit häufig die Regel und nicht die Ausnahme. Die Aufgaben hingegen müssen trotzdem kontinuierlich erledigt werden. Also werden diese auf alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fachbereich verteilt.
Fachkräftemangel: Es stellt sich natürlich die Frage: Warum können die Stellen nicht zeitnah besetzt werden? Einerseits ist der öffentliche Dienst ein Garant für einen sicheren Arbeitsplatz. Darüber waren sich alle Diskutierenden einig. Andererseits ist der öffentliche Dienst nicht mehr attraktiv. Eingestellt und eingruppiert wird nach Schema F – unabhängig von der Eignung und Berufserfahrung. Bewerber/Bewerberinnen mit jahrelanger Erfahrung werden trotzdem in der untersten bzw. in einer der unteren Erfahrungsstufen eingruppiert. Fachliches Wissen steht nicht mehr im Vordergrund und wird auch nicht honoriert. Eine Wiederbesetzung von Stellen für Tätigkeiten als Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter, z. B. in der Landwirtschaftsverwaltung, erfolgt häufig durch Verwaltungsfachangestellte ohne eben dieses landwirtschaftliche Fachwissen. Wichtige Anmerkung dazu: Das variiert ganz klar sehr stark von Bundesland zu Bundesland, von Behörde zu Behörde und auch von Landkreis zu Landkreis. Auch das gegenseitige Abwerben von Fachkräften selbst von Landkreis zu Landkreis indirekt durch diese unterschiedliche Eingruppierung derselben Tätigkeiten in Verbindung mit Zulagen ist bereits gängige Praxis.
Die Gewinnung von Fachkräften und die Bindung an den öffentlichen Dienst erweist sich als zunehmend schwieriger – Stichwort: Ausbildung! Was dann natürlich unweigerliche Konsequenz daraus ist und zum großen Teil durch die Führungskräfte nicht gesehen oder billigend in Kauf genommen wird, das sind die enorm vielen Überstunden, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derweil anhäufen. Nur eine Konsequenz daraus ist, dass hier genau die fachlich gut ausgebildeten Bediensteten den öffentlichen Dienst vorzeitig verlassen.
Home-Office – Vor- und Nachteile: Der öffentliche Dienst wirbt natürlich auch mit der Möglichkeit, einen Teil der Arbeitswoche im Home-Office zu arbeiten. Was natürlich auch dazu führt, dass man seine Kolleginnen und Kollegen nie vollständig als Team bei Besprechungen oder im Büro sieht. Man kann sich nicht allumfassend austauschen. Das gilt aber umgekehrt genauso. Die Kollegen im Home-Office haben ebenfalls nicht die Möglichkeit, sich in Präsenz im Amt mit allen anderen auszutauschen. Es fehlt auch ganz stark der soziale Kontakt. Zudem wurde aber auch erkannt, dass nicht jede Tätigkeit für die Erledigung im Home-Office geeignet ist.
Fazit: Aus der Erfahrung der Teilnehmenden sind die aktuellen Probleme im öffentlichen Dienst zum Teil hausgemacht. Es wäre zu einfach, sich auf den Fachkräftemangel als ein alle Branchen betreffendes Problem, gleichsam eine externe Ursache, zurückzuziehen. Zentral für die meisten Probleme ist der auf jeder Behörde lastende Sparzwang. Er manifestiert sich zum Beispiel in verzögerten Einstellungsverfahren ohne geregelte Aufgabenüberleitung, in tariflichen Einstufungen am unteren noch möglichen und tariflich zulässigen Rand, in Verzögerungen bei der Digitalisierung und in zunehmender Arbeitsverdichtung. Echte Wertschätzung sieht anders aus. Die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst können und müssen hier selbst tätig werden, Potenzial wäre gegeben.
Foto: Eberhard Köhler, Dr. Juhl Jörgensen; Text: Manuela Daiber
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